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Der große Test: Kinderspielplätze in der Stadt

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Von Magdalena Aue. Fotos Heinrich Völkel und Andrea Diefenbach.

Ein Spielplatz ist der Ort, an dem Kinder alles und vor allem sie selbst sein können. Hier begegnen sich Bergsteiger und Fußballprofis, Seiltänzer und Akrobaten, Baumeister und Schatzgräber. Und damit das so bleibt, hat Wiesbaden im Frühjahr dieses Jahres elf Betreuer auf zwei Jahre verpflichtet, um von April bis Oktober auf den meistbesuchten Spielplätzen für Sauberkeit und Ordnung zu sorgen. Wir haben uns auf sieben der insgesamt rund 150 Wiesbadener Spielplätzen, die auf einer Gesamtfläche von 430.000 Quadratmetern zum Toben einladen, umgeschaut. 
Kranzplatz/Kochbrunnenplatz, 658m²
Wem der Nachwuchs Samstags nachmittags an den Einkaufstüten zerrt, sollte den kleinen, aber feinen Spielplatz am Kochbrunnenplatz ansteuern. In unmittelbarer Nähe zur Fußgängerzone können sich Kinder und Eltern hier vom Shoppingstress erholen. Zwei Klettergerüste, davon eines mit Rutsche und eines auf Sand gebaut, warten darauf, erklommen zu werden. Das Wikingerschaukelschiff für mehrere Kinder hat zwar schon bessere Zeiten gesehen, erfreut sich aber trotzdem großer Beliebtheit. Ergänzt wird das Geräteaufgebot auf weichem Kunststoffgranulat von einem kleinen Karussell. Von vielen Bänken aus haben Eltern ihre Knirpse immer gut im Blick. Erfreut stellen wir fest, dass bis auf die kunstvoll gestaltete Graffitiwand, die ihn zur Saalgasse hin abgrenzt, der Platz frei von Insignien aus der Sprühdose und auch sonst sehr sauber ist. An der Saalgasse gibt es zudem eine Bezahltoilette. Die Graffiti-Wand ist trotz der nicht immer kindgerechten Motive (rauchende Comicfigur) ein Hingucker und durchbricht die sonst eher biedere, neuklassizistische Kochbrunnenplatz-Kulisse.
Fazit: Während die Kleinen im Sand buddeln, entdecken Eltern den Erholungswert der heißen Quellen neu.

Adolfsallee, 1.522m²
Behütet im Schatten der Baumkronen, bildet dieser Spielplatz eine lange, grüne Zunge im ruhigen Wohngebiet. Nur aus der Ferne vernimmt man das konstante Rauschen vom Kaiser-Friedrich-Ring. Kinder erwartet hier ein eher wilder Mix aus älteren und modernen Klettergerüsten, Balancierparcours und Sandspielflächen. Ein Holzzaunlabyrinth und ein Bodentrampolin bringen frischen Wind in die immer gleiche Rutsche-Wippe-Schaukel-Konstellation. Auch wenn der Platz originelle Spielstationen zu bieten hat, wirkt er doch wenig einladend. Deutlich sichtbare Graffiti-Spuren und andere Verschmutzungen auf den Geräten sowie volle Mülleimer stören das Bild des eigentlich so friedlichen und leisen Kinderrefugiums. Anscheinend ist das Fehlen eines Bolzplatzes eine Einladung für zwielichtige Straßenkünstler.
Fazit: Schade, der eigentlich aufregende, lange Spielplatzstreifen wird gestört von Graffiti, Schmutz und Publikum, das dort nicht hingehört

Blücherplatz, 3.897m²
Zwischen Yorckstraße und Blücherstraße, mitten im multikulturellen Westend, liegt der Blücherplatz. Hier machen nicht nur die Schüler der direkt anliegenden Blücherschule den in zwei Bereiche unterteilten Spielplatz unsicher. Der eine bietet mit jeder Menge Kletter- und Balanciergelegenheiten, Schaukeln, Rutschen und Sandkästen etwas für Jüngere, wohingegen sich Ältere auf dem abgegrenzten Fußball- und Basketballplatz sportlich betätigen können. Dementsprechend durchmischt ist das Publikum, und der Platz abends vor Bier konsumierenden Jugendlichen nicht sicher. Der Alkohol wurde dank der Spielplatzbetreuer weitestgehend verbannt, nur das Rauchen lassen sich vor allem viele Mamis nicht abgewöhnen. Es gibt ein Toilettenhäuschen, zu dem die Betreuer den Schlüssel haben. Dieses hätte eine Renovierung nötig, ist aber immerhin vorhanden. Vor allem nachmittags nach Schulschluss ist der Blücherplatz rappelvoll. Der sehr schöne, hohe Baumbestand spendet den tobenden Kids dabei an sonnigen Tagen Schatten.
Fazit: Wenn die Spuren nächtlichen Besucher beseitigt sind, ist der Spielplatz am Blücherplatz quirliger Treffpunkt der Generationen und Nationen.

Schulberg, 2.971m²
Der alte Spielplatz am Schulberg im Bergkirchenviertel wurde zuletzt eher von Gästen weit jenseits des klassischen Spielplatzalters zweckentfremdet. Dabei ist seine Lage mehr als attraktiv, denn der Ausblick auf die Stadt ist fantastisch, die Dächer zum Greifen nah. Die Stadt entschied sich zu einem radikalen Schritt: abreißen und neu gestalten! Seit 2011 trohnt hier nun die giftgrüne Raumskulptur „Loop“, bei der es sich genauso gut um ein Objekt des Kunsthauses nebenan handeln könnte. Zwischen den durchgehenden Stahlstangen sind Netze, Matten und Seile gespannt, die Kinder entweder horizontal oder vertikal erklimmen können. In der Mitte lädt eine weiche Hügellandschaft mit Sand zum Buddeln ein. Der Platz macht einen sehr sauberen Eindruck, was allerdings auch daran liegen könnte, dass bei allen drei Besuchen kaum Kinder anwesend waren. Im kinderreichen Bergkirchenviertel wahrscheinlich nur ein Zufall.
Fazit: Das kluge Design des Klettergerüsts macht Spielen in der Endlosschleife möglich. Eltern lassen derweil den Blick in die Ferne schweifen, fernab vom Rummel der Stadt.

Wallufer Platz, 5.240 m²
Mitten im dichtbesiedelten Rheingauviertel befindet sich der Spielplatz am Wallufer Platz und heißt von der Großfamilie bis zum Papi mit Wachsjacke und schnittigen Kinderwagen jeden willkommen. Ein umzäunter Kleinkindbereich mit Schaukeln hilft, kleine Ausbrecher im Auge zu behalten. Dort sind besonders die Babyschaukel und der Sandbereich bei den kleinen Besuchern sehr beliebt, und so wird der Zaunbereich am Wochenende schon Mal zum Kinderwagenparkplatz umfunktioniert. Für Sportbegeisterte steht ein abgegrenzter Fuß- und Basketballplatz bereit und dient als Treffpunkt für viele Jugendliche. Über der hügeligen Graslandschaft nebenan ist eine Seilbahn gespannt und sorgt zusammen mit der Drehscheibe für Nervenkitzel und ein flaues Gefühl im Magen. Entspannungsbedürftige Eltern versorgt das charmante Cafe Wakker gerne mit Kaffee und Kuchen. Dem fröhlichen Durcheinander verpassen die ausgeschlagenen Fenster des eher unsauberen Toilettenhäuschens einen kleinen Dämpfer.
Fazit: Eine große, abwechslungsreiche Spielstätte im Herzen des Viertels mit nur kleinen Schönheitsfehlern. Bei den kleinen Besuchern überwiegt jedoch der Spaß, die erwachsenen Begleiter genießen den charmanten Café-Anschluss.

Alter Friedhof, 60.650 m²
Wo einst Totenruhe herrschte, schallt nun Kinderlachen. Auf dem weitläufigen Gelände des Alten Friedhofs hat die Stadt in den Siebzigern einen wunderschönen Freizeitpark errichtet, der seit 2010 auch mit einem großen Spielangebot für Kinder und Jugendliche und kostenfrei reservierbaren Grillhütten aufwartet. Zwei große Klettergerüste samt Rutsche, Seilbrücke und Balancierparcours stehen für die Kleinen bereit. Im großen Sandkasten lassen sich mit Hilfe einer Wasserpumpe matschige Sandkuchen herstellen und bei den zahlreichen Schaukeln und Wippen muss niemand lange warten oder weicht gleich auf die Seilbahn am zweiten Klettergerüst aus. Bei gutem Wetter ist die Freizeitanlage sehr gut besucht. Am Basketballkorb lassen dann Halbstarke ihre Oberarme blitzen, während am Picknicktisch ein Kindergeburtstag gefeiert wird. Teenager zieht es in den dichteren Teil des Parks zur Platter Straße hin, sie gehen zwischen alten Grabsteinen und Grillplätzen ihren Beschäftigungen nach. Und doch sind es diese Gegensätze, die die eigentümliche, fast romantische Atmosphäre des Alten Friedhofs ausmachen. Der Platz ist ziemlich sauber, wenn auch die Erwachsenen mit gutem Beispiel vorangehen. Das Toilettenhäuschen schreckte mit unangenehmem Geruch ab, war aber „benutzbar“.
Fazit: Wenn man bei gutem Wetter nicht schon eine Grillhütte reserviert hat: unbedingt Proviant einpacken. Für den Besuch am Alten Friedhof darf man ruhig ein paar Stunden einplanen…

KnirpsHausen, Biebrich, 550 m²
Inhaberin Michelle Gohl schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe: nicht nur ist das Knirpshausen der erste Indoor-Spielplatz Wiesbadens, er ist auch speziell für Kinder von 0 bis 5 Jahren konzipiert, die woanders zu kurz kommen. Eine ganze Etage wurde hier in eine Spielfläche verwandelt. Vom Klettergerüst bis zur Rutsche – in dem mit weichem Kunststoffgranulatplatten ausgelegten Kletterraum sind alle Geräte im Miniformat und aus Holz. Im großen Raum steht kleinen Rennfahrern ein Fuhrpark mit Bobby-Cars und Lauflernfahrzeugen zur Verfügung, und eine Spielecke mit altersgerechten Spielsachen fördert und fordert die Feinmotorik. Als Abwechslung zur Kinderliederdauerbeschallung läuft hier auch mal Klassik. Mit gesundem Obst, aber auch ein wenig Naschkram, tanken Spielwütige wieder Energie, während Eltern einen Kaffee genießen. Aber auch eigenes Essen darf eingepackt werden, denn Kirpshausen ist ganz auf die Bedürfnisse seiner kleinen Besucher ausgerichtet. Es gibt einen Wickel- und Stillraum und auch ein Flaschenwärmer steht bereit und Sauberkeit steht natürlich an erster Stelle.
Fazit: Nicht nur bei Regen ist Knirpshausen ist eine echte Bereicherung für Krabbelkinder und kleine Weltentdecker. Stoppersocken nicht vergessen! 

Eine Übersicht der Wiesbadener Spielplätze und eine Infobroschüre zum Download gibt es unter www.wiesbaden.de/spielplaetze