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Japanischer Künstler evakuiert Rhein-Main-Gebiet

140912_EVAKUIEREN_Akira-Takayama_(c)Teresa-Bernauer

Ein japanischer Künstler plant, mit internationaler und regionaler Unterstützung, die Evakuierung des Rhein-Main-Gebiets. Steigt man am Mainzer Hauptbahnhof in die S-Bahnlinie 8 und fährt mit ihr bis nach Hanau, so entspricht das ziemlich genau einer Durchquerung des Großraums Tokio mit seinen 35 Millionen Einwohnern. Weltmetropolen wie Tokio gelten im Katastrophenfall als unevakuierbar. Für den japanischen Konzept- und Theaterkünstler Akira Takayama versagt unsere Gesellschaft jedoch nicht erst bei spektakulären Ausnahmezuständen, wenn es darum geht, für einen angemessenen Schutz der Bevölkerung zu sorgen. Um der Idee des Evakuierens neue Bedeutung zu  verleihen, suchen Akira Takayama und ein internationales Künstler- und Rechercheteam nach individuellen Rettungsalternativen, sie kartografieren neue Fluchtwege und erschließen bislang unbekannte Schutz- und Trutzräume.

www.evakuieren.de – so lautet zwischen dem 12. September und 5. Oktober die neue Adresse des Künstlerhauses Mousonturms. Nur die Webseite schafft den Zugang zum Projekt. Über 30 S- und Straßenbahn-Stationen zwischen Wiesbaden, Mainz, Frankfurt, Darmstadt, Offenbach und Hanau werden dabei zu Start- und Ausgangspunkten für Kunstaktionen, Inszenierungen und Vorzufindendes, geheime Versammlungen und performative Spurensuchen.

Alltagsverdrossenheit und Identitätsmüdigkeit werden ermittelt

www.evakuieren.de begrüßt jeden Besucher und ermittelt mit wenigen gezielten Fragen den Grad an individueller Alltagsverdrossenheit und urbaner Identitätsmüdigkeit. Vor allem jedoch leistet das Programm sofortige Fluchthilfe und schlägt jedem Besucher eine konkrete S- oder Straßenbahn-Station als Ausgangspunkt für eine individuelle Evakuierungstour vor. Konkrete Hinweise zu jeder Evakuierungsroute geben eigens gestaltete Karten und Skizzen, die aufs Smartphone geladen oder vor dem Start ausgedruckt werden können.

Was einen am Ende eines Weges jeweils erwartet, lässt sich online nur erahnen. Allerdings liefert die Webseite für jeden Ort Informationen zum Ausmaß der Herausforderung, die seine Erkundung darstellt, hier finden sich auch Angaben zu besonderen Öffnungszeiten oder eventuell vor Ort anfallenden Kosten. Zumeist bedarf es statt der theaterüblichen Eintrittskarte lediglich eines gültigen RMV-Tickets.

Begleitend zum Projekt ist der blog.evakuieren.de seit mehreren Wochen aktiv. Neben Einblicken in die Erarbeitungsprozesse bietet er als Plattform die aktuellsten Hinweise auf besondere Events und die Möglichkeit, sich über das Projekt zu informieren.

Letzte Ansprachen in vertrauten vier Wänden

Zum Auftakt dieses „Ersten Flucht- und Rettungsplans für die Rhein-Main-Region“ laden die Akteure zur gemeinsamen Evakuierung des Künstlerhauses Mousonturm am 12.9. um 19.00 Uhr im Frankfurter Mousonturm ein. Bei dieser Gelegenheit werden u.a. der Schöpfer und künstlerische Leiter des Projekts, Akira Takayama, der Bürgermeister der aus der Fukushima-Sperrzone evakuierten Stadt Futaba, Katsutaka Idogawa, der Theaterwissenschaftler und Postdramatikpapst Hans-Thies Lehmann und viele weitere beteiligte Künstler in letzten Ansprachen und Übungen innerhalb der vertrauten vier Mousonturmwände auf vielfältige Weise in das Projekt einführen. Anschließend brechen wir dann gemeinsam zu einigen Evakuierungs-Stationen in Stadt und Region auf.