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Warten auf Wunder – Wiesbadener Katholiken kritisieren ihren umstrittenen Bischof nur zögerlich

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Von Hendrik Jung. Karikatur Gerhard Mester.

Prunk, Prachtbauten, patriarchalischer Führungsstil – Kritiker werfen dem Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz van Elst einiges vor. Scharfer Protest kam aus Frankfurt, ein Gesandter des Papstes aus Rom. Und welcher Wind weht aus Wiesbaden?

Ist der Weg frei für einen Neubeginn? Nach dem Protestbrief aus Frankfurt, in dem der Limburger Bischof von 4500 Unterzeichnern dazu aufgefordert worden ist, umgehend einen anderen Weg einzuschlagen, hat Franz-Peter Tebartz van Elst für seine „Unachtsamkeiten und Fehleinschätzungen“ um „Verzeihung und Nachsicht“ gebeten. Der vom Papst gesandte Kardinal Giovanni Lajolo hat am Ende seines einwöchigen Besuchs im Bistum die Erwartung des Oberhirten deutlich gemacht, dass alle zusammen einen neuen Weg in gegenseitiger Liebe und Verständnis gehen. Doch die Kritiker bleiben skeptisch. „Es müsste eine innere Wandlung vor sich gehen und es ist die Frage, ob er dazu fähig ist. Aber ich glaube und hoffe auf ein Wunder“, urteilt der katholische Pfarrer im Ruhestand, Erhard Heimburger.

Stadtkirche hüllt sich in Schweigen

Man könne nicht Wasser predigen und Wein trinken, kritisiert der 75-jährige den Lebens- und Führungsstil von Tebartz van Elst, dessen Bischofssitz vielen Katholiken zu protzig ausgefallen ist. Sie fürchten, dass der Bau sie teuer zu stehen kommt. Eine Kommission soll nun die entstandenen Kosten – von bis zu 20 Millionen Euro ist die Rede Update 07.10.: Das Bistum meldet, dass die Kosten auf 31 Millionen Euro steigen werden – prüfen. Auch in Wiesbaden spürt Heimburger großen Unmut darüber. Die Menschen seien aufgebracht und unglücklich, trauten sich zum Teil aber nicht, das zum Ausdruck zu bringen. „Ein Mann wollte nicht unterzeichnen, weil sein Bruder im Kirchendienst steht und daraus Nachteile haben könnte“, betont der Pfarrer im Ruhestand. Er selbst habe den Protestbrief sowohl unterschrieben als auch weiter gegeben und ist von der offiziellen Haltung in Wiesbaden enttäuscht. „Es ist traurig, dass die Stadtkirche sich in Schweigen hüllt, obwohl der Unmut vorhanden ist“, fügt er hinzu.

Für Stadtdekan Wolfgang Rösch gab es jedoch mehrere Gründe, nicht zu unterzeichnen. „Wenn ich dem Bischof etwas zu sagen habe, würde ich es ihm direkt sagen“, macht der 54-jährige seine persönliche Haltung deutlich. Da den Gemeindemitgliedern diese Möglichkeit fehle, könne ein offener Brief der Laien durchaus konstruktiv sein. „Wir haben das im Pfarrgemeinderat und im Stadtsynodalrat besprochen und dort hat man sich dagegen entschieden, den Brief auszulegen“, betont der Stadtdekan. Auf Nachfrage habe man ihn den Mitgliedern der katholischen Kirche aber durchaus zugänglich gemacht, fügt er hinzu. Hätte der Bischof schon früher auf die herrschende Kritik reagiert, hätte dies sicherlich deeskalierend wirken können. Nun aber brauche der Bischof eine zweite Chance.

Wenn es eine Schlussrechnung für den Bau des Bischofssitzes gebe und ein Ergebnis der Ermittlungen der Hamburger Staatsanwaltschaft vorliege, ob der Bischof über einen Flug erster Klasse nach Indien eine falsche eidesstattliche Erklärung abgegeben hat, habe man wieder eine Basis, um aufeinander zuzugehen, findet Wolfgang Rösch. Mancher hat damit schon heute kein Problem. „Der Bischof macht nicht immer, was man ihm sagt, aber man kann gut mit ihm reden. Ich habe nicht fest stellen können, dass er dialogabweisend ist“, findet Marcus Carl vom Pfarrgemeinderat der Pfarrei St. Bonifatius. Die Probleme, die einige seiner Glaubensbrüder mit Tebartz van Elst haben, führt er nicht zuletzt auf eine enttäuschte Erwartungshaltung zurück. „Hier ist bislang ein asketischer Stil gepflegt worden. Es wird ihm übel genommen, dass er die alten Messgewänder heraus holt. Ob das noch in die Zeit passt, ist zu diskutieren“, fügt der 47-jährige hinzu.

„Kritik darf kein Tabu sein“

Wirklich blöd gelaufen sei der Flug des Bischofs nach Indien, die Kostenexplosion beim Bau des Bischofssitzes zwar schlecht für das Bistum, aus seiner persönlichen Lebenserfahrung heraus jedoch ganz normal. Für ihn habe das nicht ausgereicht, um den Brief aus Frankfurt zu unterzeichnen. Ganz im Gegensatz zum stellvertretenden Verwaltungsrat der Pfarrei St. Bonifatius, Hans-Peter Thurn. „So kann es nicht weiter gehen. Ich habe das Gefühl, dass man den Weg nicht gemeinsam geht, sondern dass er auseinander läuft“, betont der 70-jährige. Dabei benötige man dringend Einheit zwischen dem Bischof sowie den Katholiken im Bistum. Der Protestbrief fordere nichts anderes als eine gemeinsame Lösung. Weil er sich dafür einsetze, habe er ihn unterzeichnet. Schließlich dürfe es auch in der katholischen Kirche kein Tabu sein, sich auch mal kritisch zu äußern.